Garderobe

Der Sekretär geht nun - Stand Sommer 2006 - in die letzte Runde und macht damit Platz für ein neues Projekt. Zwar steht mit dem Hosenbügler schon seit einiger Zeit eines in der Pipeline, aber die Werkstatt arbeitet nicht nach dem FIFO Prinzip, sondern ganz traditionell nach Anweisung des Familienvorstands. Dieses Stück hat sich daher gleich bei Bekanntwerden auf Platz 1 der Warteschlange geschoben und ist für den nun anstehenden Urlaub geplant.

Erneut also ein Stück aus dem Katalog bzw. der Deko-/Einrichtungszeitung. Wie schon bei Badezimmerschrank, Küchenwagen, Adventskalender und Sekretär finde ich interessante Sachen häufig in Zeitschriften und baue sie dann nach. Dabei fließen dann meist noch weitere Details ein. Die Pfeile auf dem Bild waren übrigens schon im Originalbild, sie haben hier keine Bedeutung.

Die Garderobe ist eine Kombination aus Kleiderhaken, Schuhschrank und Sitzbank, sie verfügt dazu über zwei Klappfächer im unteren Kastenaufbau. Dieses Stück löst den bisher als Kleiderschrank benutzten Antikschrank ab, der sich dann einen neuen Platz im Haus suchen muss. Seine Türen knarzen ziemlich und letztlich ist er als Kleiderschrank suboptimal geeignet - also wird er abgelöst und würdigeren Aufgaben zugeführt, schließlich wird er bald 100 Jahre alt.

Das Material:

Zusätzlich ein paar funktionale Elemente:

Alles zusammen kommt auf weniger als 150 Euro, wovon gut ein Drittel auf die Metallwaren entfällt. Ich bin mal wieder "für noppes" aus der Sache rausgekommen, denn dieses Projekt ist "sponsored by Oma". Eine Woche lang die Schwiegermutter zu beherbergen kann allem Unken zum Trotz greifbare Vorteile bieten :) Anyway - das fertige Stück kostet laut Katalog deutlich über 300 Euro - es lohnt sich also in jedem Fall, zumal der Aufbau sehr leicht ist und das entstehende Stück hochwertiger und schöner wird (im Original sind die Seiten und die Sitzbank aus Pressspan, die Armlehnen gibt's dort nicht).

Im Vergleich zum abgebildeten Original wurden folgende Änderungen eingebracht:

Der Zusammenbau ist wie gesagt wirklich simpel und war schnell erledigt. Die 2 Meter langen Teile konnten ohne jede Vorbereitung gleich verbaut werden und die Bearbeitung der anderen Teile beschränkte sich auf das Kappen. Mit Hilfe von Holzdübeln wird alles zusammengefügt. Auf die Klappen werden von innen Querleisten geleimt und geschraubt, die wirken dem Drang der aneinander geleimten Bretter zur Bildung eines Halbkreises entgegen.

Während der Arbeiten hat die Fräse parallel die wenigen CNC-gefertigten Stücke aus 28mm Leimholz herausgelöst, die entsprechenden Zeichnungen sind hier rechts zu sehen. Ganz oben die seitlichen Stützen für die Armlehnen, darunter zweimal die gleiche Grafik mit je zwei Armlehnen und einem Winkel als Stütze für den Deckel. Die Armlehnen werden also aufgedoppelt und dann auf die Stützen geleimt. Es dauert eine Weile, bis 14 Durchgänge á zwei Millimeter erledigt sind, aber man muss ja nicht drauf warten, sondern kann zwischenzeitlich etwas anderes machen, zum Beispiel dies hier tippen - nur sollte man in der Nähe bleiben.

Ein wenig Aufmerksamkeit brauchen die Wände des unteren Kastenaufbaus. Sie bestehen einfach aus nebeneinander liegenden Latten - das klingt trivial, ist es aber nicht. Die (im gekauften Zustand 2 Meter langen) Latten sind nämlich alles andere als gerade, sondern vielmehr gebogen und dazu windschief. Sie müssen daher in eine Ebene gezwungen werden. Dazu wurden sie nach dem Zuschnitt zunächst mal in eine rechtwinklige Konstruktion gelegt. Dann wurden die Kanten gebrochen und die Sichtseite bestimmt. Nun erhielt jedes Brett an der Innenkante zum anliegenden Brett zwei Bohrlöcher für die Holzdübel. Die gegenüberliegenden Bohrlöcher im angrenzenden Brett wurden wieder mit Zentrierspitzen markiert, aber im Unterschied zu geraden Stücken markiert diese Spitze dort nur die horizontale Position des Bohrloches, nicht jedoch die vertikale. Die vertikale Position bleibt im identischen Abstand zur Kante, so dass die Kanten zweier Bretter aneinander liegen. Da die Bretter windschief sind und meist immer die gleiche Sichtseite haben, erhält das entstehende Stück eine starke Rundung. Beim Verleimen dürfen also nicht nur die Bretter aneinander gepresst werden, sondern das ganze Stück muss zugleich fest und auf ganzer Fläche bündig auf dem Untergrund aufliegen. Später erhalten die Seitenwände auch rundum noch Dübellöcher und werden so in den umlaufenden Rahmen eingebracht, was sie endgültig in der Flucht hält.

Hier recht ist dieser Schritt zu sehen. Die langen Zwingen pressen die Bretter zusammen, die anderen und der Balken in der Mitte drücken die Konstruktion auf den Tisch, damit sie nicht nach oben auswandert. Die Seitenteile sind 500mm breit, so dass hier nicht zugeschnitten werden muss, sondern einfach 5 Bretter á 100mm Breite verwendet werden können. Bei den Klappen war das anders, die benötigen nach dem Verleimen von je 6 Brettern noch einen Zuschnitt auf die passende Größe, wobei sie umlaufend 2mm Abstand zum umgebenden Rahmen erhalten.

Die Fertigung der Klappen und des Möbels lief parallel, es stecken über 100 Holzdübel mit 8mm Durchmesser in dem Stück. Der Aufbau ist problemlos, wenn beim Zuschnitt genau gemessen wurde.

Zu guter Letzt wird wieder gestrichen und poliert, dann werden die Haken und Beschläge angebracht. Anstelle von Klappenscharnieren habe ich eine Kette verwendet, das passt besser zum Antikstil, finde ich. Die Sitzbank ist mit 14 Holzdübeln mit dem umgebenden Material verbunden, zusätzlich liegt sie auf einem innen angeschraubten Rahmen, so dass sie auch für zwei Personen stabil genug ist. Die anderen beiden 500*1200mm Leimholzplatten sind als Boden und Zwischenboden verbaut. Das Streichen des Innenraumes habe ich mir erspart. Noch am Tag der Fertigstellung kam das Möbel an seinen Platz.

Für weniger als die Hälfte des Katalogpreises ist ein Möbel entstanden, das nicht nur schöner aussieht, sondern auch aus hochwertigerem Material besteht. Außerdem hat es schicke Armlehnen und ist mit 2 Metern ein gutes Stück höher als das Original. Dieses Projekt hat gut zwei Wochen gedauert, allerdings konnte nur nach Feierabend und am Wochenende gewerkelt werden. Die reine Arbeitszeit betrug etwa drei Tage.