Küchen- oder Servierwagen

Dieser Küchenwagen war das erste selbst gemachte Möbelstück, wenn man von der Blockhütte als reinem Schraub- und Winkelbau mal absieht. Absolut alles habe ich hier zum ersten Mal gemacht, beginnend beim Schleifen bis hin zur Verzinkung der Schubladenelemente.

Ich habe dieses Stück in einem Möbelkatalog gesehen, rund 300 Mark sollte es damals kosten. Wenn ich das heute so schreibe, kommt es mir gar nicht mehr so viel vor, aber damals dachte ich "Ihr spinnt doch!" und habe mir selbst Holz gekauft. Wahrscheinlich geht ein solches Stück heutzutage für 300 Euro über die Theke.

Leider gab es zu der Abbildung und Beschreibung überhaupt kein Maß, man konnte lediglich erkennen, dass das abgebildete Exemplar über ein Weinablagefach für 9 Flaschen verfügte. Also habe ich die Breite einer ganz normalen Weinflasche als Gardemaß benutzt - der Abstand zwischen zwei Leisten der Weinablage ist zwei Zentimeter geringer. Dadurch ergab sich die Gesamtbreite, die ich ins gleiche Verhältnis zur Höhe gesetzt habe, wie das auch auf dem Foto der Fall war. Dadurch war nun auch die Höhe und somit die ungefähren Maße der Schubladen bekannt - es konnte losgehen.

Zunächst wurde natürlich wieder ausgiebig gezeichnet - mir liegt heute noch ein kompletter Zeichnungssatz der Einzelteile vor, hier rechts zum Beispiel die Ebene mit dem Weinregal. Dann ging es an die Umsetzung. Ohne Kappsäge musste  ich freihändig sägen, bar jeder Übung galt es da später die eine oder andere Unsauberkeit auszugleichen - will sagen, dem Fachmann würde der Hut hochgehen.

Interessant war hier vor allem die Verzinkung der Schubladenseiten, kein notwendiges, aber ein sehr dekoratives Detail. Praktisch alle Werkzeuge, die ich hier verwendet habe, habe ich auch für dieses Projekt angeschafft, es war sozusagen das Kick-Off Projekt meines neuen Hobbys. Dazu gehören Exzenterschleifer, Deltaschleifer, Schleiftrommel als Bohrmaschineneinsatz, Zinkenfrässchablone und die ersten Zwingen. Vor allem aber die Oberfräse, die durch ihre Vielseitigkeit längst zu meinem Lieblingswerkzeug geworden ist und Jahre später zur CNC-Maschine aufgerüstet wurde.

Die Oberfräse kam hier auch gleich umfassend zum Einsatz: Für die Abrundung der Latten auf der unteren Lagerebene, die Einfräsung ihrer Lager, die Kantenbearbeitung der Schubladen und der Deckplatte und nicht zuletzt das Auszinken der Schubladenteile.

Das Projekt wurde fertig gestellt und abschließend noch mit Wachs behandelt, der ursprüngliche Nadelholzton blieb dabei zunächst erhalten und das Möbel erlebte ein gutes Jahr Einsatz in der Küche.

Leider erlebten wir dann im Frühjahr 2001 einen Wohnungsbrand - die Küche brannte aus. Da Küchenwagen vorzugsweise dort stehen, hat es das gute Stück recht schwer erwischt, auf ihm schmolz ein Mixer und alle Teile waren bedeckt mit Ruß und grünlichen Schichten von Löschschaum - Feuer gefangen hat es zum Glück nicht. Nach dem zwangsläufigen Umzug wurde das Möbel daher erstmal 2 Jahre zum Kellerwagen, bevor es dann 2003 wieder hervor- und überholt wurde. Nach einem gründlichen neuen Schliff war der Wagen dann für den Transport von Grillgut und Zubehör auf die Terrasse vorgesehen und erhielt daher den dort üblichen Teak-Ton - diesmal mit Außenlasur weil wetterfest. Nach der Restaurierung hat der Wagen wieder einen festen Platz in der Wohnung - diesmal hoffentlich für länger.