Gartenbahn
Du
sitzt auf der Terrasse und ein Zug kommt vorbei und
bringt dir ein Bier. So der Plan - entworfen in einer
Zeit ohne Kinder, ohne Haus, ohne Zug. 12 Jahre ist es
nun her, dass ich meine Liebe zu Playmobil wieder
entdeckt habe und so nach und nach anfing, Teile - vor
allem Gebäude und Eisenbahnkomponenten - zu sammeln. Ein
Teil
meiner Seiten beschreibt mehr dazu.
Mit der Zeit kamen Kinder dazu, die wir gezielt und selbstlos mit Playmo-Kram ausgestattet haben und mit der Zeit kam auch ein Haus, in dem bzw. um das herum man sowas wie eine Gartenbahn schaffen könnte. Allerdings sind die Kinder zum Zeitpunkt des Projektstarts schon aus der Grundschule heraus und die einhellige Meinung im Umfeld ist inzwischen "Dat gibt nie wat." Eine entsprechende Wette, trotzig entstanden aus dem Rückruf "Und ob!", lief auch schon einige Jahre und endete mit meinem 42sten, der nun auf einmal bald anstand. Bis dahin musste die Sache laufen - zwar ging es "nur" um die Ehre und einen Kasten Bier, aber was heißt schon "nur"? Beide gilt es zu erhalten - einmal im Sinne von bewahren, einmal im Sinne von bekommen. Also los geht's mit dem Sommerprojekt 2011.
Eine lange Zeit verging zunächst mit der Planung und viele Ideen dazu wurden verworfen. Klar war, dass die Schienen nicht einfach auf der Wiese verlegt werden - da würden sie zuwachsen und bei der Gartenpflege stören. Klar war auch, dass es kein Gleisbett aus Schotter oder ähnlichem Gekröse geben würde - viel zu aufwändig zu stabilisieren. Die Schienen sollten aber schon auf einer etwas erhöhten Auflage verlaufen, die zum Einen eine Rasenmäherkante bildet und zum Anderen den Zug besser zur Geltung bringt. Nur aus was stellt man sowas her? Holz schied aus - gängiges Holz muss gepflegt und gestrichen werden, was bei aufgeschraubten Schienen keine Aufgabe ist, die ich mir in Zukunft reizvoll vorstelle. Terrassendielen verwinden sich in der Sonne und halten nur, wenn man sie alle 50cm auf einer festen Unterlage befestigt. Aber welche Unterlage könnte das bei einer einzelnen Diele sein und wie soll die nun wieder befestigt werden? Auch zu schwierig. Letztlich bin ich auf WPC der Marke "Megawood" aufmerksam geworden - das ist ein Gemisch aus Holz und Plastik und immer mal wieder auf Terrassen anzutreffen. Laut Hersteller bleicht es nicht aus, verwindet sich nicht und es reißen keine Späne aus. Letzteres konnte ich logisch nachvollziehen, die anderen beiden Eigenschaften bedurften einer kleinen Testreihe. Ich habe mir zwei Muster davon beschafft und die im Frühjahr (da fand 2011 der Sommer statt) in die Sonne gelegt. Sie verwinden sich tatsächlich nicht und einen Effekt auf die Farbe konnte ich auch nicht feststellen - der ist ja zum Beispiel bei Bangkirai schon nach wenigen Wochen erkennbar. Allerdings ist das Material in der Länge weniger steif als Holz, ein längeres Stück hängt also stärker durch, wenn es an den Endpunkten aufliegt.
Zufrieden mit der Testreihe wurde also WPC (die Bezeichnung
für Holz/Plastik-Verbundstoffe,
näheres bei Wiki) das Material der Wahl. Durch die
Mischung erreicht der Plastikanteil, dass es nicht
spant, sich nicht verzieht und nicht reißt und der
Holzanteil sorgt dafür, dass es sich nicht wie Plastik
in der Sonne ausdehnt. So die Theorie -
Heimwerkerseiten sind voll mit ganz unterschiedlichen
Erfahrungen, die über die komplette Bandbreite von
"bin überglücklich" bis "möchte das dem Händler über
den Schädel ziehen" reichen. Wie auch immer - im
Programm gab es graue Dielen ohne Profil, die
für meine Zwecke ideal waren, da sie durch die
gesprenkelte Oberfläche
einem
Gleisbett ähneln und profillos glatt sind, wodurch man
gut die Schienen auf ihnen befestigen kann. Dafür,
dass hier Holzschredder und Plastikschredder vermischt
werden, ist das Zeug unverschämt teuer - aber
natürlich spart man wie immer trotzdem etwas, denn in
der Gesamtkalkulation über 5000 Jahre (solange braucht
es wahrscheinlich zum Zerfall) ist das entfallene
Streichen, Ölen, Neuverlegen berücksichtigt.
Um den
Effekt der optischen Erhöhung zu erreichen und dem des
Durchbiegens entgegen zu wirken, habe ich jeweils eine
Diele von ihrer seitlichen Nut befreit (da kommen
spezielle Verlegeklammern hinein, mehr dazu
im nächsten Projekt) und
eine weitere längs halbiert. Die beiden Teile wurden
dann im rechten Winkel miteinander verschraubt, was
bei einer 5 Meter 40 Diele gar nicht so einfach ist.
Die Trasse hat damit jedenfalls eine seitliche
Sichtkante, sodass man nicht mehr darunter blickt. Am
manchen Stellen ist sie von beiden Seiten zu sehen -
da gab's dann eben zwei seitliche Halbdielen.
Auf
diesem Weg wurden die geraden Streckenstücke gebaut. Bei
den Kurven war es etwas komplizierter, denn das
Material lässt sich trotz Plastikanteil natürlich
nicht biegen, sondern will zugeschnitten werden. Das
erledigt die Kappsäge. Im Playmobil Eisenbahndesign
bilden drei Kurvenelemente einen rechten Winkel, jede
Kurve schwenkt also um 30° ab. Meine Appelle an
weitere Kurvenstücke mit mehr oder weniger
Winkelgraden blieben bisher ungehört, also muss man
sich die bei Bedarf selbst schnitzen. Auch dafür ist
die Kappsäge ideal. Zunächst mal muss für ganze Kurvenstücke aber ein Stück Trasse entstehen, dass
zwei 15°-Kanten aufweist und dabei exakt die Breite
einer Kurve hat. Da kann man im Vorfeld viel herummessen, einfacher ist es aber, einfach einen
Schnitt zu machen, die Kurve aufzulegen und den
anderen passend anzureißen. Die dabei gewonnenen
Verschnittstücke schraubt man direkt unter das
entstandene Teil, denn sie dienen der Verschraubung
mit angrenzenden Trassenelementen. Dabei ist gleich
ein mächtiger Nachteil dieses WPC-Zeugs angesprochen,
denn Reste davon packt man nicht mal eben in den Kamin
und auch nicht in den gelben Sack - die entsorgt man
vielmehr kostenpflichtig an der betreffenden
Annahmestelle oder - hier teurer noch - über den
Restmüll. Dieser Punkt kommt beim Händler irgendwie
gar nicht so recht zur Sprache, aber die Kosten dafür
lohnen eine individuelle Betrachtung.
Gut
gerüstet mit geraden Strecken und Kurvenstücken geht es
nun also in die Fläche. Wie macht man das Zeug jetzt auf der
Wiese fest? Wir haben uns für Punktfundamte
entschieden, wie schon zwei Jahre zuvor beim
Terrassenbau. Da hatte ich ja
sonen Erdlochbohrer beschafft, der seitdem in der Garage herumidelte, weil ich
ihn wegen dieser Planung noch nicht wieder verkauft hatte. Da das damalige 25er
Bohrgestänge für den
hiesigen Zweck
etwas überdimensioniert war, habe ich ihn noch mit einem Bohrer ausgerüstet, der
eine Nummer schmaler ausfällt. Die Trassen werden kaum belastet, da tut's auch
weniger Beton.
Da die rechtwinklig verschraubten Sichtkantenstücke der Durchhängeneigung der
Dielen gut entgegen wirken, konnten die Löcher in größerem Abstand gebohrt
werden - wir haben runde anderthalb Meter gewählt. Auf so'n mit Beton
gefülltes Loch kommt dann ein Stückchen eines Bangkirai -
Unterkonstruktionsbalkens, hübsch mit einer durchgehenden Bohrung versehen und
mit dem zuvor eingebrachten Dübel im Beton verschraubt. Das Praktische an diesen
Balken war, dass sie exakt halb so hoch sind wie die Dielen breit sind und damit
genauso hoch wie die rechtwinklige Trassenkonstruktion, die ja um halbe
Dielenbreite erhöht ausfällt. Die kann man nun fein auf diesem Stück Balken
befestigen und die
Sache hält.
Zum Zwecke der Handhabung von 5,40m langen Dielen wurde die Werkstatt kurzerhand
in die Garage verlegt -
fast
alles konnte mit Kappsäge, Akkuschrauber sowie 4er Holzbohrer zum Vorbohren der
Schraubverbindungen erledigt werden. Entsprechende Bohrer fielen dabei eher
unter "Verbrauchsmaterialien" als unter "Werkzeug", denn davon habe ich in
diesem Projekt bestimmt 6-8 Stück verdampft. Dass so'n Ding bei Ermüdung oder
Überbelastung mal abbricht, war ich ja gewohnt - dass es aber auch sowas wie
hier rechts kann, war mir neu - es hat sicher seinen Grund, dass die Dinger nur
1,50 kosten. Jedenfalls ist das WPC-Material sehr massiv, sehr schwer und
entsprechend schwer zu bohren. Lässt man das aber sein, dann neigt es zum
Bröseln und bricht in Kantennähe einfach aus. Vorbohren ist also Pflicht.
Schrauben waren aus dem Sommerprojekt des Vorjahres
noch ausreichend da.



Die Bilder in der Reihe oben zeigen weitere Schritte des Aufbaus. Die
selbstgeschnitzten Winkelstücke lassen sich beliebig aneinanderschrauben und
decken so verschiedene Winkel ab. Dann werden auf die fertigen Trassenstücke
die Schienen verschraubt. Ich hatte dazu früher den Einsatz der
CNC-Fräse im Sinn, denn zwei im richtigen Abstand
eingefräste Nuten bieten denselben Halt wie ein Stück Gleis - aber das habe ich
wieder verworfen, weil es erstens nicht nach Eisenbahn aussieht und zweitens
auch bei der Stückelei der Elemente mit entsprechend vielen Unsauberheiten
nicht exakt genug gepasst hätte. Da ich so aber mal geplant hatte, waren zwar
ausreichend gebogene Schienen da, aber viel zu wenige gerade. Da konnten
ebay-Händler helfen, die das Zeugs gleich in
Umzugskartons liefern konnten -
einige Hundert Schienenelemente sind hier durchaus am Start.
Als alles soweit verbunden war, konnte die Strecke in Betrieb gehen. Wette gewonnen, Eisenbahn fertig. Und doch ist das erst der Anfang, denn mit der Zeit wird das sicher Stück für Stück um neue Ideen erweitert.
Den Rest drücke ich mal mit Bildern statt Worten aus.