Pyramidenboxen

Wo ich gerade so die DVD-Boxen aus dem letzten Projekt beschreibe, fällt mir noch eine andere Sache ein, die in meiner Liste eigentlich ganz nach unten und somit an den Anfang gehört. Dummerweise lässt die Nummerierung aber keine Einschübe mehr zu, also nun nach oben damit. Das Projekt stammt aus der Zeit des begehbaren Kleiderschranks, also der Mitte der 90er. Auch hier hatten wir Boxen gebaut - allerdings im etwas anderen Sinn.

Als ich anfing, meine Bastelprojekte hier zu dokumentieren, war die Zeit dieser Lautsprecher bereits wieder abgelaufen - insofern war es schwer, aus den Alben mit Babyfotos diejenigen herauszupicken, auf denen die Stücke zufällig im Hintergrund stehen. Ein paar habe ich aber gefunden.

Es handelte sich bei diesem Projekt also um zwei Pyramidenlautsprecher in etwa 170cm Höhe. Dazu gab es bei einem Händler einen Bausatz, bestehend aus der Elektronik für gut 200 Mark und auch bestehend aus dem fertig zu- und ausgeschnittenen Holz für nochmal gut 300. Zum Vergleich: Fertige Stücke komplett mit Technik, Dämmung, Bau und Lack kosteten in vergleichbarer Größe und Qualität der Lautsprecher seinerzeit rund 1400 Mark. Der Bausatz zu 500 Mark stellte also schon ein mächtig attraktives Schnäppchen dar - wir wollten es aber noch günstiger haben.

Die Gehrungsschnitte der vier Platten wurden aufgrund der Pyramidenform als sehr komplex bezeichnet, was vom Selbstbau abhalten und in den Laden locken sollte. Pöh - haben wir gedacht und für gut 50 Mark Pressspan gekauft. Statt der exakt ausgerechneten 42,75° Gehrungswinkel haben wir der Kreissäge schlicht 45° Grad angedacht und ruckzuck waren die Schnitte fertig. Die Winkel standen damit nach innen etwas offen, aber die Kontaktfläche ist so groß, dass großzügig eingebrachter Leim für festen Halt sorgte. Die Stücke bestehen aus den vier Seitenteilen und einer Bodenplatte, die innen etwa 2cm über dem Boden liegt. Die Einschnitte für Bass-, Mittel- und Hochtöner sind so eingebracht, dass die Lautsprecher aufliegen und verschraubt werden können. Die Basstöner haben darüber hinaus noch einen zusätzlich aufgeschraubten Zierkragen. Innen sitzt eine Frequenzweiche und hinten sind die Anschlüsse für die Kabel. In jeder Box steckt etwa ein halber Kubikmeter an Dämmmaterial. In den unteren Ecken der Sichtseite sitzt noch je eine Bassreflexröhre (ich glaube, so hießen die Dinger - auf deutsch ist das ein Stück Kunststoffrohr).

Gestrichen wurde zunächst mit einer Grundierung und dann einer Abtönfarbe in Lila. Das klingt vielleicht etwas ungewöhnlich, aber zum Zeitpunkt des Projektes hatte ich gerade meine zukünftige Frau kennen gelernt und wir planten den Einzug in eine gemeinsame Wohnung für das darauf folgende Jahr. Weil sie in ihrer Wohnung einen fliederfarbenen Teppichboden hatte, erhielten die Boxen einen dazu passenden Ton - und weil ich die Stücke ohnehin bald in der gemeinsamen Wohnung wusste, habe ich sie ihr zum Geburtstag geschenkt - Budget war knapp :)

In der gemeinsamen Wohnung war lila dann nicht mehr hip - der neue Teppich war grau und die Boxen sollten mitmachen. Dazu habe ich in einen Eimer weiße Wandfarbe ein Tütchen schwarze und weiße Farbpartikelchen (gibt's im Dekoladen), einen Schuss schwarze Farbe und ein Kilo Sand gerührt. Das Ergebnis war eine raue und graue Oberfläche mit schwarzen und weißen Tupfern.

Das hielt erstmal eine Weile und wir waren glücklich mit unseren Boxen. Wirklich aufdrehen konnten wir sie nie, es steckt mächtig Dampf dahinter, wenn ich auch die technischen Werte nicht mehr kenne. Offenbar aber werden kleine Kinder magisch von dem herausragenden weichen Innern der Lautsprecher angezogen - besonders wenn sie das im Krabbelalter direkt vor der Nase haben. Unsere in den Folgejahren herangewachsenen Kinder haben schnell erkannt, dass das Eindrücken der Lautsprecher nicht erwünscht, aber extrem spaßig ist - sie konnten dem Reiz zu keiner Zeit widerstehen und sind in jedem unbeobachteten Moment zu den Boxen geflitzt, um die Lautsprecher einzudrücken. Mit dem Staubsauger bekommt man die ursprüngliche Form ganz gut wieder hin - trotzdem werden die Boxen davon nicht hübscher. Als wir im Jahr 2001 dann erneut umzogen, kamen die Boxen nochmal mit, standen aber bereits auf der Austauschliste - jetzt war Antik angesagt, wir hatten unser Weichholzfaible entdeckt. Die modern kantige Form der Boxen passte da nicht mehr gut zu.

Ich habe damals noch versucht, die geliebten Stücke zu retten und ihnen einen Look zu verpassen, der zum neuen Stil passt. Die Idee war, ihnen das Aussehen alter verrosteter Stahlplatten mit Nieten zu geben. Dazu habe ich Styroporkugeln besorgt, in zwei Hälften geschnitten und aufgeklebt und dann mit einer dunkelbraunen Farbe gestrichen, die rostig aussehen sollte. Das ging total in die Hose - die Halbkugeln sahen nicht aus wie Nieten, sondern eben wie Halbkugeln und die Farbe hat auch nicht überzeugt. Hier rechts das einzige erhaltene Bild aus diesem Abschnitt.

Schließlich habe ich zum dritten Mal die Technik ausgebaut und überstrichen, denn zum erneuten Abschaben und Schleifen der alten Farbe hatte ich nun keine Lust mehr. Das Ergebnis ist hier links zu sehen - ein trauriges Bild, das den Stücken den Gnadenschuss gab. Die Klebestellen der Halbkugeln schimmern durch und meine Allzweckfarbe aus vielen anderen Projekten kommt hier auch nicht überzeugend rüber. Dazu hat das vielfache Eindrücken der Lautsprecher dazu geführt, dass sie auch im wieder ausgeformten Zustand ziemlich mitgenommen aussahen. Fazit: Aus die Maus, die Pyramiden gehen auf den Sperrmüll. Sie haben vier Farben gesehen, einmal muss gut sein.

Für die Lautsprecher werde ich mir noch eine neue Anwendung überlegen, kleiner und schlichter - weggeworfen werden sie jedenfalls nicht.